Der Stimmen von ‚Simon and Garfunkel’ begleitet, stellt sich der Vagabunden Blues immer mehr ein. Weder Uhren noch Wecker beeinflussen unseren Tagesrhytmus. Längst haben wir vergessen welcher Wochentag gerade ist, oder welches Datum wir haben. Wir essen und schlafen wann wir es möchten, fahren wohin wir wollen, machen solange Rast wie wir es für richtig halten. Blicken gebannt aus den Seitenfenstern, lächeln türkisfarbenen Fjorden entgegen. Immer wieder mal versucht Dave sein Glück als Angler. Doch mein gewünschtes „Petri Heil“ scheint nicht zu fruchten.
Bei einem erneuten Stopp an einem tosenden breiten Wasserfall dann eine völlig neue Entdeckung. Dave, voller Konzentration auf ND-Filter und Belichtungszeit, entdeckt einen störenden Ast in seinem wohlüberlegten Bildausschnitt. Zügig eilt er zu dem morschen Stecken und rupft ihn aus der Erde. Ein warnendes Zischen ertönt. Der Blick auf den Boden bestätigt die Vorahnung. Aus roten Augen starrt ihn ein bräunlicher Schlangenkopf an. „Du stehst mir in der Sonne“, scheint ihr Blick zu sagen. Es scheint eine ungiftige Natter zu sein und sofort hat sich Daves Motiv geändert.

Eine nord-norwegische Kaiserpyton oder auch einfach ’schnäik‘. Kurz nach den wenigen ruhigen Sekunden stürzte sie sich auf einen vorbeispazierenden Elch und verschlang ihn am Stück. Ich habe mich in Sicherheit gebracht, deshalb gibt es keine Aufnahmen derselbigen Nahrungszuführung.
Die tägliche Suche nach dem Schlafplatz endet fast immer an einem der Fjordarme oder direkt an einem Seeufer. Gesäumt von Kiefern und Fichten finden wir oft eine geschützte Stelle. Die geborgten Yogamatten werden ausgerollt, und schon beginnt das Workout. Liegestütze, Squats, Bauchpressen und Sprints amüsieren doch des Öfteren mal den ein oder anderen Wanderer. Um das Gefühl des Outdoor Fitnessstudios abzurunden darf die obligatorische Abkühlung im eiskalten Gewässer, mit inbegriffenem Seifenstück natürlich nicht fehlen. Muss eingestehen dass ich mich doch hin und wieder nach einer heißen Dusche sehne. Daves Kochkünste lassen mich dieses europäische Luxusdenken jedoch schnell wieder vergessen.
Angedünstete Zwiebeln, Rührei und Bratkartoffeln verfeinert mit Knoblauch scheinen den Bus in einen Gourmettempel zu verwandeln. Dazu gibt es einen gemischten Salat, der selbstgepresste Limonen Sirup verfeinert das Kanisterwasser.
Während all diesen Vorgängen darf ich in unserem Hochbett liegen und gemütlich Lesen. Gut gelaunt hüpft Dave im Bus herum, tanzt ein wenig und trällert alte Balladen. Auch wenn es draußen in Strömen regnet, ist es eine Wonne ihm zusehen zu dürfen und einer der Momente den man für immer festhalten möchte.

Der ‚Zoatla‘ fuhrwerkt und kocht in völliger Extase, ja ist nahezu der Raserei anheim gefallen, um seiner Geliebten ein Mahl zuzubereiten. Diesesmal Nudeln mit selbstgemachter Champignon-Rahmsoße.
So ziehen die Tage ins Land bis zu einem Donnerstag. Wie schon einmal in Island beschrieben, so gellten auch hier die ungeschriebenen ‚Beifahrer-Gesetze’, welche besagen dass es von höchster Dringlichkeit gilt den Fahrer zu umsorgen und ihn bei Laune zu halten. So auch auf den Norwegischen Straßen. Dave verlangt nach Chips, Dave bekommt Chips. Ich mache mich also durch das ein Quadratmeter große Fenster auf den beschwerlichen Weg ins innere des Trucks. Richte mich auf und will gerade mein Bein auf den Sitz stellen, als ein bestialischer Schmerz mein Rückrad raufschießt. Augenblicklich klappe ich zusammen, Tränen schießen mir in die Augen. Ein bis dato nie gefühlter Schmerz breitet sich rasend über den kompletten Rücken aus. Ich weine bitterlich, versuche eine erträgliche Position zu finden. Nichts klappt. Dave hilft mir vom Sitz herunter, meine Beine zittern unkontrolliert, ich kann kaum stehen. In diesem Moment weiß ich, dass es etwas ernsteres sein muss. Alle Gymnastischen Übungen können nicht mehr ausgeführt werden, mein Oberkörper steht im rechten Winkel zur Hüfte und lässt sich keinen Zentimeter mehr bewegen.

Eine Clara, als sie sich noch bewegen konnte. Noch ahnte niemand, ja aber auch wirklich niemand, was uns noch bevorstehen sollte.
Wir beschließen ins nächstliegende Krankenhaus zu fahren. Während ich wimmernd auf den zwei Beifahrersitzen liege, managed Dave ruhig aber zügig Anrufe bei der Auslandsversicherung, die Fährenüberfahrt und den Weg zum Krankenhaus. Ich bin dankbar dass dieser Zwischenfall nur 20 km vor der nächstgrößeren Stadt passiert ist. Wir bitten Gott um Heilung und um einen schnellen Abklang der Schmerzen. Tatsächlich tut es bis zur Ankunft in der Notaufnahme weniger weh, aber die Bewegungsfreiheit bleibt die gleiche. Wie eine gebrechliche achtzigjährige laufe ich in gebückter Haltung auf die roten Tore der Ambulanz zu. Eine Schwester kommt mir entgegen, fragt was passiert ist, stützt mich. Dann beginnt der für mich nur allzu gute Aufnahmeprozess eines Krankenhauses. Ewiges Warten, Formulare ausfüllen, Namen nennen, geduldig sein und erneutes Nichtstun im Wartebereich. Ich bin eben kein Lebensbedrohlicher Notfall. Die Ärztin ist sehr nett, die Verständigung in Englisch jedoch etwas schwierig. Sie sagt ich scheine ein Problem mit den Muskeln zu haben, Knochen und Nerven seien nicht beteiligt. Ob ich die letzten Wochen im Zelt geschlafen habe und sehr aktiv gewesen sei? Dann hält sie demonstrierend die Fäuste zusammen, klappt die Arme nach unten und macht ein knackendes Geräusch. Ein Muskelfaserriss? Weiß niemand so genau. Mit einem Rezept und 1600 Kronen weniger krieche ich gebückt zum Wagen zurück. Wie die nächsten Nächte und Tage jetzt aussehen? Ja das frage ich mich auch. Immerhin ist Dave an meiner Seite, spendiert mir ein Eis und liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. So schlimm ist es also gar nicht 😉
Janette
31. Juli 2016 — 22:29
Au wei, hoffentlich geht es dir schnell besser. Muskelfaserrisse können sehr böse weh tun, weiß ich aus eigener Erfahrung. Lass dich weiter verwöhnen, Clara-Maus.
Ich schmunzle über jeden Eintrag, staune mit, erlebe mit und bin unglaublich entzückt von den wahnsinnig wunderschönen Fotos dieser unglaublich tollen Landschaft. Und wenn ihr das dann als Buch raus bringt, möchte ich bitte natürlich eine ganz persönliche Signatur. 😉
Ich freu mich auf viele weitere Einträge.
Ganz herzliche Grüße an euch beide, Janette
PS: Also, das es nicht möglich war, Fotos während der Attacke der Schlane auf den Elch zu machen, ist verständlich, aber ei Verdauungsfoto wäre drin gewesen, oder? 😂😂😂
Nicola
1. August 2016 — 6:30
Ouch! Ich dachte gleich „Hexenschuß“.Das kenne ich zur genüge….
Hoffe, Du kannst bald wieder rumhüpfen wie ein Elchküken 🙂
Laß Dich vom Yeti massieren, dann sieht die Welt gleich wieder gelenkiger aus.
Alles Gute, Bussi von mir und Scoobi
Heinz und Nele
4. August 2016 — 10:35
Ich ahnte es ja schon immer:
Fittness ist gefährlich – besonders wenn mans macht!
Gute Besserung!
Und siehe meine Mail an Euch.
Oma Berlin
4. August 2016 — 22:04
Liebe Clara, ich wünsche Dir von Herzen gute Besserung! Dein Körper hat sich gemeldet. Versuche, seine Botschaft zu verstehen. Muskeln mögen z. B. keine „Wechselbäder“ zwischen Überanstrengung und Kälte (eiskaltes Wasser). Und jedes Fitness-Programm braucht ein gesundes Maß (!) Muskeln können regelrecht sauer werden. Und Deine Übungseinheiten sollten n. m. A. dreiteilig sein:
– Aufwärmung
– Trainings-Arbeit
– Entspannung
Ein Zuviel an „Leistung“ ist riskant! Ich finde es toll, dass Du Sport machst, aber bitte mit Maß, und ich wünsche Dir viel Erfolg. Liebe Grüsse Oma Berlin
Joe
8. August 2016 — 23:56
… da kann ich mich „Omas“ – besser Muttis Kommentar und Empfehlung nur anschließen. Das Freletics-Programm ist nichts für ein nachhaltig gesundes Training! Hier steht die völlige Überforderung von Muskeln und Koordinationsarbeit während der Übungen im Vordergrund. Übungen zu Aufbau von Muskelmasse (die ja auch zugleich dem Abbau von Fettmasse dienen) müssen langsam und konzentriert durchgeführt werden. Je gleichmäßiger in der sich immer gleichen ruhigen Bewegung, desto besser. Bei Freletics passiert aber genau das Gegenteil. Meine bescheidene Empfehlung nach 40 Jahren Ausdauersport ohne Verletzung und bei Erhaltung eines halbwegs ansehnlichen bodys: Kein Freletics! Besser 3 x in der Woche Joggen oder Wandern und zwischendrin an den freien Tagen Workout mit den aus Freletics bekannten Übungen – aber ruhig, konzentriert mit je 10 Wiederholungen bei drei Durchgängen. Steigerung erst nach sechs Wochen durch die Hinzunahme von leichten Gewichten (auf der Reise könnten das Holzscheite oder Steine, Wagenheber etc. sein). Solch ein kombiniertes Trainig bringt wirklich etwas. Die richtigen Dinge esst ihr ja schon.
Ja und wie selbst Mutti weiß: Aufwärmen – Übungen – Entspannen und genug trinken.
LG, euer Sportskamerad – der auch mehr machen müsste 🙂
Ja, der Schweinehund – wenn der nur nicht wäre.
hgf
16. April 2020 — 15:00
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their motive, and that is also happening with this paragraph which I am reading
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