Sitze gerade draußen in der norwegischen Abendsonne. Gemütlich auf einem mit Krümeln durchdrungenem Schaffell. Weiße Wattewölkchen wechseln sich mit wärmenden Sonnenstrahlen ab. Leises Gegacker von den Hühnchen dringt vermengt mit Ola’s unverständlichem Geplapper an mein Ohr. Ich muss an mein kleines Hühnchen denken. Es ist weiß-braun-schwarz gefiedert und schon etwas abgemagert. Seperiert sich mit jedem Tag mehr von dem Rest der Hühnchengang. Habe es stark in mein Herz geschlossen. Tageweise kann es nicht essen. Tagsüber sitzt es mit geschlossenen Augen auf einem Platz. Ab und an muss es sich übergeben. Und als ob dass alles nicht genug ist, nimmt einer der Hähne es abends dann richtig durch. Mein Hühnchen ist mit Abstand das hübscheste von dem restlichen Federvieh. Ob es starke Schmerzen hat, frage ich mich. Ich berichte Turid und Ole davon. Es beginnt eine Diskussion ob es geschlachtet werden soll. Bin grundsätzlich ja auch dafür. Weiß gleichzeitig dass das dann mein Job ist. Beobachte das Hühnchen jetzt jeden Tag noch eingehender. Hier und da meine ich Besserung erkennen zu können. Und dann muss ich es doch wieder zurück in den Stall tragen, weil es zu schwach ist.
Überhaupt muss für Recht und Ordnung im Hühnerstall gesorgt werden. Ein paar Tage nicht aufgepasst und schon legen die Enten ihre Eier in den Brennnesselhügel, der Boden steht unter Wasser und es werden Hähnenkämpfe ausgetragen. Ganz zu schweigen von den ständigen Ausreißern, die mit stolzgeschwellter Brust im frisch angesetzten Zwiebelbeet scharren, welches ICH angelegt habe. Dave geht im übrigen mit Hühnchen im Sperrgebiet etwas rabiater vor. Da wird schon mal der Wasserschlauch gezückt oder mit laufender Motorsäge den aufgebrachten Damen hinterher gerannt.
Nachts wird auch gerannt. Allerdings auf Zehenspitzen, mit angehaltenem Atem und unter Todesangst. Zumindestens wirkt es jedes mal so, wenn Dave mit panischem Blick auf dem Boden, direkt durchs Krötengetümmel vom Haupthaus zu unserer kleinen Hütte hüpft. Man möchte sich das Gefühl einem mit Warzen behafteten Getier unter der nackten Fußsohle lieber nicht vorstellen.
Ola wässert gerade mit angestrengtem Gesicht die Außenwand des Gewächshauses. Auch der Stuhl und das davor liegende Brennholz wird mit großer Sorgfalt durchtränkt. Ich beobachte Ola klammheimlich. Im allgemeinen öfters als mir lieb ist. Nicht etwa weil ich von seinem mit Tuben-Kavier und Majonäse verschmierten Mund, den großen blauen Augen und den feinen blonden Haaren verzückt bin. Ja, wenn ich ehrlich bin muss ich immer wieder aufpassen dass sich mein innerlich missbilligender Blick nicht auf meinem Gesicht abzeichnet. Einen Monat nun sehe ich ihm schon zu. Wie er niemals aufessen muss, niemals aufräumen muss, TV und Film gucken darf wann und wie er möchte. Wie er immer Erwachsene unterbricht und sofort Gehör bekommt. Und wie er weint weil er kein Lätzchen anziehen will, und wie er dann schließlich auch keins anziehen muss. Vergleiche mich ständig mit ihm. Wie es wohl ist alles zu dürfen und zu bekommen was man will? Bei mir ging es sehr viel strenger zu und ich weiß dass ich selbst zu einem Kind noch sehr viel strenger wäre als meine Eltern bei mir. Versuche mich für Ola zu freuen. Versuche ihn ins Herz zu schließen. Trete auf eins seiner Eisenbahnstücke, welches ich schon drei mal zur Seite geräumt habe. Ich bin froh dass ich Zurückhaltung beherrsche.
Aber nun mal Butter bei die Fische. Was ist das, dass ich im allgemeinen Kinder nicht ausstehen kann? Warum kann ich Baby’s nicht auch mal ’süß‘ finden? Dieser Grimm wenn da Kinder laut lachen und spielen und dieses Bedürfnis ihnen die Gurgel abzudrehen wenn ihre dünnen Stimmchen anschwellen und in Ohrenbetäubendes Geschrei umschlagen. Werde vielleicht ab jetzt auch für Mitgefühl gegenüber Kindern beten.
Das Leben als Wwoofer hat so seine Eigenarten. Jeden Tag für jemand anderen zu arbeiten, dessen Wünsche nach Besten Wissen und Können auszuführen und abends verschwitzt und müde ins Bett zu fallen ohne auch nur eine einzige Münze dafür zu bekommen- das ist eine ganz neue Erfahrung. Manchmal überkommt uns unser guter, deutscher Perfektionismus und dann stellen wir fest, dass es für unsere „Arbeitgeber“ gar nicht so genau sein muss, und dass wir gar nicht an unserem Eigentum bauen und sägen. Und gleichzeitig denke ich daran wie dankbar ich bin, auf genau dieser Farm gelandet zu sein. Wir bekommen ausgezeichnetes Essen, dürfen uns selbstständig Arbeitszeit und Pausen einteilen, sind abends auf dem Familiensofa willkommen und Chips, Bier, Schokolade sowie Wein sind auch immer vorrätig. Sich lediglich für ein Essen zu verausgaben und sein bestes zu geben, dass hat etwas demütiges. Und von Demut kann man nicht zu viel besitzen.
Ich freue mich also, dass ich nicht nur Handwerkliches lerne, sondern dass ich auch an meinen Charakter feilen kann. Eine richtige Sommerschule 🙂
Armin Held
9. Juli 2016 — 13:14
hallo, ihr lieben,
euer blog ist wieder mal so anregend, ich muss aufpassen, dass ich als kommentar dazu nicht mehr schreibe als euer blog lang ist! 😉
wunderbar zu sehen, clara, dass dein inneres sich geöffnet hat und nun so einiges raus ans licht kann, das tut gut!
sehr interessant finde ich ja die themenzusammenstellung in diesem blog:
hühnchen hals umdrehen? bitte nicht!
schreihals “ “ “ ? selbstbeherrschung!
also die barmherzigkeit ist da, aber bezüglich kindern und erziehung rumort es.
ein thema mag die eigene erziehung sein, in deutscher gründlichkeit,
das würden andere nationen sicher oftmals lockerer sehen.
und andererseits brauchen kinder auch leitlinien und konsequenz, sonst sind sie selber überfordert und werden unglücklich.
die gute nachricht: es gibt noch ein mittelding zwischen nichts sagen und hals umdrehen – reden! miteinander drüber reden, mit gott reden, mit dem kind reden. viel spaß und erfolg beim ausprobieren!
jetzt ziehe ich die vater-bremse und komme zum schluss.
nur eines noch: die bilder sind wieder mal super-schön!!!
Alles Liebe!
Dad
Marita Lindner
9. Juli 2016 — 20:30
Von Omi
Ich dachte: was macht denn der
elefant in Norwegen? Bis ich bemerkte, es muss sich um die Katze Ein lustiges Foto. handeln, deren Schwanz ich als Eelefantenrüssel angesehen habe.David, Du aiehst ja auch die ganz kleinen Dinge am Wegesrand – oder kommt das, weil Du die Augen nicht weiter aufkriegst? (:-)
Lisa hat batchelor an der pädagogischen Hochschule Salzburg gemacht und Heidi ist wie gesagt verlobt. Jetzt wieder ein männliches Wesen zur Verstärkung für Andreas in der „Weiberwirtschaft.“
Gute Besserung für Dave und alles Liebe für Euch beide. Tschüss von Omi.
Oma Berlin
12. Juli 2016 — 16:30
Hallo Clara – was sich mir stichwortartig zum Thema „Erziehung“ einfällt: Die Schöpfung gibt jedem Menschen einen inneren Bauplan zu einem absoluten Individuum mit. Das Kind ist also sein eigener Baumeister. Dazu braucht das Kind ganz entscheidend „Entwicklungshilfen“ für seine schon vorhandenen Interessen und Neigungen, die es auch offenbart. Was notwendig ist, ist die einfühlsame Wahrnehmung durch die Erwachsenen und ein adäquates Angebot (Kulturwerkzeuge und behutsame Schulung, zum Beispiel seiner Sinne, gewisser sozialer Tugenden, Umgangsformen, Dienste an der Gemeinschaft u. v. a. m.) Bewertungen seines Tuns, Lob oder Tadel sind wenig hilfreich. Sie führen eher dazu, dass das sich Kind fremdmotiviert verhält. Das kommt dem Begriff Erziehung sehr nahe. Eigentlich eine Art Unwort. Wohin will man es ziehen? Es gibt so viele falsche Richtungen! Schluss mit diesem Crash-Referat! LG oma
Sandrina
18. Juli 2016 — 23:37
Liebe Clara, ich wünsche mir das deine Ansicht über Kinder sich iwann ändert, denn sie sind unsere Zukunft …
Das du das Kinderlachen als Geschenk Gottes siehst & es genießt, glaub mir es gibt nichts schöneres & erlicheres!
Aber ich bin mir sicher das spätestens dein Eigen Fleisch & Blut alles verändert wird.
Alles Liebe <3
muk
19. Juli 2016 — 23:40
Meine Meinung: Kinder nerven, sind meistens doof und nur äußerst selten süß. Außer die eigenen. Fremde Kinder sind bestenfalls als Ablagefläche für „gscheide Trümmer Watschn“ zu gebrauchen – für die eigenen würde man selbst tausend davon kassieren. Klingt doof, isaberso.
Ich (und ein gutes Stück meiner Bekannten( konnten erst mit dem Elternsein beginnen, mit anderen Kindern etwas anzufangen.
Ich für meinen Teil finde meine Kinder super, die meisten Kinder meiner Freunde okay, fremde Kinder uninteressant bis lästig – und ich finde das völlig okay so. Manche Leute sind einem nicht sympatisch, man muss sich nicht mit Ihnen anfreunden. Egal, ob Kind oder erwachsen. Kindchenschema wirkt auf unterschiedliche Personen unterschiedlich, da muss man doch kein schlechtes Gewissen haben. Ich für meinen Teil entwickle bei Exkrementgedampften Fremdkinder-Poritzen selten Muttergefühle…
Johne715
16. Oktober 2016 — 12:22
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